Delegierte Verordnung zum Produktgenehmigungsverfahren

Bereits vor längerer Zeit hat die Europäische Kommission eine Delegierte Verordnung zur Konkretisierung der mit der Versicherungsversicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) neu eingeführten Vorschriften über das sogenannte Produktgenehmigungsverfahren erlassen. Seit Einführung des Produktgenehmigungsverfahren sind Hersteller von Versicherungsprodukten verpflichtet, bei der Entwicklung von Produkten einen Zielmarkt für einzelne Produkte festzulegen und sicher zu stellen, dass die Produkte auf die Interessen, Ziele und Merkmale der zum Zielmarkt gehörenden Kunden ausgerichtet sind. Wichtig: Versicherungsvermittler, die bei der Konzeption und Entwicklung einzelner Versicherungsprodukte einen entscheidenden Einfluss haben, gelten als Hersteller und müssen ebenfalls ein Produktgenehmigungsverfahren einrichten. Und: Wenn Vermittler nicht als Hersteller gelten, müssen sie in jedem Fall Produktvertriebsvorkehrungen treffen. 

Systematische Einordnung

Die Richtlinie (EU) 2016/97 vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb (Versicherungsvertriebsrichtlinie, IDD) ersetzt die Richtlinie 2002/92/EG vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung. Sie bildet einen aktualisierten harmonisierten Rechtsrahmen für die für den Vertrieb von Versicherungs- und Rückversicherungsprodukten, einschließlich Versicherungsanlageprodukte, geltenden Vorschriften. 

Die IDD will den Schutz der Verbraucher und Kleinanleger beim Kauf von Versicherungs- bzw. Versicherungsanlageprodukten verbessern. Mehr Transparenz der Versicherungsvertreiber in Bezug auf die Preise und Kosten ihrer Produkte, bessere und leichter verständliche Produktinformationen sowie verbesserte Wohlverhaltensregeln beim Vertrieb sollen dies sicherstellen. So wird in Artikel 25 IDD eine allgemeine Pflicht zur Aufsicht und Lenkung (POG) im Versicherungsvertrieb eingeführt. Mit ihr soll sichergestellt werden, dass alle Versicherungsprodukte zum Verkauf an Kunden dem Bedarf des betreffenden Zielmarkts entsprechen, um frühzeitig jedwedes Risiko einer etwaigen Missachtung der Kundenschutzvorschriften zu vermeiden und zu verringern. Die POG-Vorschriften richten sich vorwiegend an die Hersteller von Versicherungsprodukten und verpflichten diese, POG-Grundsätze aufrechtzuerhalten, anzuwenden und zu überprüfen, um kontinuierlich zu gewährleisten, dass alle vermarkteten Versicherungsprodukte für ihren spezifischen Zielmarkt angemessen sind. Versicherungsvertreiber müssen dies unterstützen, indem sie Vorkehrungen für den Produktvertrieb treffen und somit sicherstellen, dass sie über sämtliche Informationen verfügen, die für den Verkauf des Produkts im Einklang mit den vom Hersteller festgesetzten POG-Grundsätzen erforderlich sind. Zur Konkretisierung des Artikel 25 IDD ist der Kommission die Befugnis übertragen worden, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 38 IDD zu erlassen. 

Umsetzung

Seit der Umsetzung des Artikel 25 IDD in deutsches Recht sind Versicherungsunternehmen gem. § 23 Absätze 1a bis 1d VAG verpflichtet, ein Produktfreigabeverfahren zu unterhalten, die freigegebenen Produkte regelmäßig zu überprüfen und allen Vertreibern sachgerechte Informationen zur Verfügung stellen. Für Versicherungsvermittler gibt es im Umsetzungsgesetz dagegen keine Vorschriften zum Produktfreigabeverfahren.

Seit Inkrafttreten der delegierten Verordnung 2017/2358 der Kommission sind deren Inhalte sowohl für Versicherer wie auch für Versicherungsvermittler verbindlich. Sie legen konkretisierend Kriterien und praktischen Einzelheiten für die Anwendung der POG-Vorschriften fest. Die Verordnung gilt unmittelbar (ohne weitere Umsetzung!) in jedem Mitgliedsstaat der EU. Im deutschen Recht ergänzt sie § 23 VAG. Für Versicherungsvermittler führt sie eigenständige neue Rechtspflichten ein.

Struktur der delegierten Verordnung

Die delegierte Verordnung gliedert sich in vier Kapitel. In Kapitel I (Allgemeine Bestimmungen) werden Gegenstand und Anwendungsbereich (Artikel 1 und 2) der Verordnung beschrieben. Ferner festgelegt, unter welchen Voraussetzungen ein Versicherungsvermittler in Anbetracht seines Einflusses auf die Entscheidungsfindung hinsichtlich der Konzeption und Entwicklung eines bestimmten Versicherungsprodukts als Hersteller anzusehen ist (Artikel 3).

In Kapitel II (Lenkungsanforderungen für Hersteller) wird die zentrale Pflicht der Hersteller begründet, für alle neu entwickelten Versicherungsprodukte sowie für weitreichende Anpassungen bestehender Versicherungsprodukte ein Produktgenehmigungsverfahren aufrechtzuerhalten, umzusetzen und zu überprüfen. Dieses Verfahren umfasst die Ermittlung eines Zielmarkts für die einzelnen Versicherungsprodukte. Die Hersteller sollen fortlaufend sicherstellen, dass Versicherungsprodukte auf die Interessen, Ziele und Merkmale der zum Zielmarkt gehörenden Kunden ausgerichtet sind. Sie sind des Weiteren verpflichtet, die Versicherungsprodukte angemessenen Tests zu unterziehen und ihre Produkte fortlaufend zu überwachen und regelmäßig zur überprüfen. Darüber hinaus müssen sie bei der Auswahl und Überwachung der Vertriebskanäle die notwendige Sorgfalt walten lassen.

In Kapitel III (Lenkungsanforderungen für Versicherungsvertreiber) werden die POG-Anforderungen an Versicherungsvertreiber, die Versicherungsprodukte verkaufen, die nicht von ihnen hergestellt wurden, festgelegt. Versicherungsvertreiber sind danach verpflichtet, beim Produktvertrieb sämtliche Informationen bei den Herstellern einzuholen, die erforderlich sind, um das Produkt und den ermittelten Zielmarkt zu verstehen und das Produkt im besten Interesse der Kunden zu vertreiben.

Kapitel IV (Schlussbestimmungen) regelt Inkrafttreten und Anwendung

Kapitel I Allgemeine Bestimmungen

Mit der Verordnung werden Vorschriften für die Aufrechterhaltung, Anwendung und Überprüfung von Aufsichts- und Lenkungsvorkehrungen für Versicherungsprodukte und für weitreichende Anpassungen bestehender Versicherungsprodukte vor ihrer Vermarktung beziehungsweise ihrem Vertrieb an Kunden (Produktgenehmigungsverfahren) sowie Vorschriften bezüglich der Produktvertriebsvorkehrungen für diese Versicherungsprodukte festgelegt. Die Verordnung gilt für Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittler, die Versicherungsprodukte herstellen, die Kunden zum Verkauf angeboten werden (Hersteller) sowie für Versicherungsvertreiber, die über Versicherungsprodukte, die nicht von ihnen hergestellt werden, beraten oder diese anbieten.

Versicherungsvermittler gelten Versicherungsvermittler dann als Hersteller, wenn eine Gesamtanalyse ihrer Tätigkeiten zeigt, dass sie bei der Konzeption und Entwicklung eines Versicherungsprodukts für den Markt über Entscheidungsbefugnisseverfügen. Dabei wird von einer Entscheidungsbefugnis ausgegangen, wenn Versicherungsvermittler selbstständig die wesentlichen Merkmale und Hauptelemente eines Versicherungsprodukts festlegen, einschließlich Deckung, Preis, Kosten, Risiko, Zielmarkt, Entschädigung und Garantierechte, die von dem Versicherungsunternehmen nicht wesentlich geändert werden und Deckung für das Versicherungsprodukt bieten. Demgegenüber gelten Personalisierung und Anpassung bestehender Versicherungsprodukte im Zusammenhang mit Versicherungsvertriebstätigkeiten für einzelne Kunden sowie die Konzeption individueller Verträge auf Anfrage eines einzigen Kunden nicht als Herstellung. 


Wird ein Versicherungsprodukt gemeinsam von einem Versicherungsvermittler und einem Versicherungsunternehmen konzipiert und entwickelt, wobei beide bei der Konzeption und Entwicklung des betreffenden Produkts über Entscheidungsbefugnisse verfügen, müssen Versicherungsvermittler und Versicherungsunternehmen in einer schriftlichen Vereinbarung ihre Zusammenarbeit und ihre jeweiligen Rollen konkretisieren und dabei insbesondere die Verfahren, im Wege derer sie sich über die Ermittlung des Zielmarkts einig werden, sowie ihre jeweiligen Funktionen im Produktgenehmigungsverfahren festlegen

Kapitel II Lenkungsanforderungen für Hersteller

In diesem Kapitel wird die zentrale Pflicht der Hersteller begründet, für alle neu entwickelten Versicherungsprodukte sowie für weitreichende Anpassungen bestehender Versicherungsprodukte ein Produktgenehmigungsverfahren zu unterhalten, zu betreiben und zu überprüfen. Dieses Verfahren umfasst die Ermittlung eines Zielmarkts für die einzelnen Versicherungsprodukte. Die Hersteller sollen fortlaufend sicherstellen, dass Versicherungsprodukte auf die Interessen, Ziele und Merkmale der zum Zielmarkt gehörenden Kunden ausgerichtet sind. Sie sind des Weiteren verpflichtet, die Versicherungsprodukte angemessenen Tests zu unterziehen und ihre Produkte fortlaufend zu überwachen und regelmäßig zu überprüfen. Darüber hinaus müssen sie ihre Vertriebskanäle sorgfältig auswählen und ebenfalls überwachen. Die Maßnahmen und Verfahrensweisen für Konzeption, Überwachung, Überprüfung und den Vertrieb von Versicherungsprodukten müssen in einem angemessenen Verhältnis zur Komplexität und zu den mit den Produkten verbundenen Risiken sowie zur Wesensart, zum Umfang und zur Komplexität des jeweiligen Geschäfts des Herstellers stehen. Das Produktgenehmigungsverfahren muss in einem schriftlichen Dokument, das in der Verordnung als „Grundsätze der Aufsicht und Lenkung“ bezeichnet wird, beschrieben und den für die Durchführung des Verfahrens zuständigen Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden. Das Verfahren soll sicherstellen, dass die Versicherungsprodukte so konzipiert sind, dass sie den Zielen, Interessen und Merkmalen der Kunden Rechnung tragen, negativen Auswirkungen auf die Kunden vorbeugen, Benachteiligungen der Kunden vermeiden beziehungsweise mindern und einen ordnungsgemäßen Umgang mit Interessenkonflikten unterstützen.

Zielmarkt

Im Rahmen des Produktgenehmigungsverfahrens müssen für jedes Versicherungsprodukt der Zielmarkt und die Gruppe geeigneter Kunden ermittelt werden. Der Zielmarkt muss in ausreichender Detailtiefe und unter Berücksichtigung der Merkmale, des Risikoprofils, der Komplexität und der Art des Versicherungsprodukts ermittelt werden. Dabei können die Hersteller Gruppen von Kunden identifizieren und beschreiben, deren Bedürfnissen, Merkmalen und Zielen das Versicherungsprodukt generell nicht entspricht. Dies gilt insbesondere für Versicherungsanlageprodukte. Am Ende dürfen lediglich Versicherungsprodukte von den Herstellern konzipiert und vermarktet werden, die den Bedürfnissen, Merkmalen und Zielen der zum Zielmarkt gehören den Kunden entsprechen. Bei der Beurteilung, ob ein Versicherungsprodukt für einen Zielmarkt geeignet ist, müssen die Hersteller den Informationszugang und die Finanzkompetenz der zum jeweiligen Zielmarkt gehörenden Kunden berücksichtigen.

Produktprüfung 

Bevor ein Versicherungsprodukt vermarktet oder erheblich verändert wird, müssen Hersteller ihre jeweiligen Versicherungsprodukte qualitativ und quantitativ analysieren und prüfen. Diese Verpflichtung gilt auch für den Fall, dass sich der Zielmarkt beträchtlich ändert. Im Wege dieser Produktprüfung soll beurteilt werden, ob das Versicherungsprodukt über seine gesamte Lebensdauer den ermittelten Bedürfnissen, Zielen und Merkmalen des Zielmarkts entspricht. Kommt die Produktprüfung zu dem Ergebnis, dass das Versicherungsprodukt nicht den ermittelten Bedürfnissen, Zielen und Merkmalen des Zielmarkts entspricht, darf das Versicherungsprodukt nicht auf den Markt gebracht werden.

Produktüberwachung und Produktbewertung 

Die nach der Produktprüfung auf den Markt gebrachten Versicherungsprodukte müssen von den Herstellern kontinuierlich überwacht und regelmäßig überprüft werden, um Umstände zu ermitteln, die sich erheblich auf die wesentlichen Merkmale, den Risikoschutz oder die Garantien der Produkte auswirken können. Dabei sollen die Versicherungsprodukte dahingehend beurteilt werden, ob sie weiterhin den Bedürfnissen, Merkmalen und Zielen des ermittelten Zielmarkts entsprechen und ob sie an den Zielmarkt oder an Kunden außerhalb des Zielmarkts vertrieben werden. Bei der Festlegung des zeitlichen Rahmens für die die regelmäßige Überprüfung der Versicherungsprodukte müssen Hersteller die Größe, den Umfang, die Vertragslaufzeit und die Komplexität der Produkte, die jeweiligen Vertriebskanäle sowie relevante externe Faktoren wie etwa Änderungen der geltenden Rechtsvorschriften, technologische Entwicklungen oder Änderungen der Marktlage berücksichtigen. Wenn während der Lebensdauer eines Versicherungsprodukts Umstände auftreten, die den betreffenden Kunden benachteiligen können, müssen Hersteller angemessene Maßnahmen ergreifen, um die Nachteile zu begrenzen und für die Zukunft zu verhindern. Dabei müssen Versicherungsvertreiber und Kunden unverzüglich über die ergriffenen Abhilfemaßnahmen informiert werde.

Vertriebskanäle 

Bei der Auswahl der für den Zielmarkt angemessenen Vertriebskanäle müssen die Hersteller die besonderen Merkmale des betreffenden Versicherungsprodukts berücksichtigen. Im Übrigen müssen die Hersteller den Versicherungsvertreibern sämtliche sachgerechten Informationen zu den Versicherungsprodukten, zum ermittelten Zielmarkt und zur vorgeschlagenen Vertriebsstrategie, einschließlich Informationen zu den Hauptmerkmalen und Charakteristika der Versicherungsprodukte, den mit diesen Produkten verbundenen Risiken und Kosten, einschließlich der impliziten Kosten, sowie zu jedweden Umständen, die zu einem Interessenkonflikt zu Lasten des Kunden führen können, zur Verfügung stellen. Diese Informationen müssen eindeutig, vollständig und aktuell sein. Sie sollen es den Versicherungsvertreibern ermöglichen, das Versicherungsprodukt und den ermittelten Zielmarkt für die Versicherungsprodukte zu verstehen, die Kunden zu ermitteln, deren Bedürfnissen, Merkmalen und Zielen das Versicherungsprodukt nicht entspricht, und ihre Vertriebstätigkeit im bestmöglichen Interesse des Kunden auszuführen. Darüber hinaus müssen die Hersteller die Versicherungsvertreiber überwachen, ob diese im Sinne des festgelegten Produktgenehmigungsverfahrens handeln, insbesondere ob die Versicherungsprodukte auf dem ermittelten Zielmarkt vertrieben werden. Kommt ein Hersteller zu dem Ergebnis, dass der Vertrieb seiner Versicherungsprodukte nicht im Einklang mit den Zielen seines Produktgenehmigungsverfahrens steht, muss er angemessene Abhilfemaßnahmen ergreifen.

Dokumentation 

Die von den Herstellern im Zusammenhang mit dem Produktgenehmigungsverfahren ergriffenen Maßnahmen müssen hinreichend dokumentiert, zu Prüfungszwecken aufbewahrt und den zuständigen Behörden auf Verlangen zur Verfügung gestellt werden. 

Versicherungsvermittler

Für Versicherungsvermittler ist wichtig, dass sie nach den Vorschriften in Kapitel 1 der Verordnung als Hersteller von Versicherungsprodukten eingestuft werden können, wenn sie bei der Konzeption und Entwicklung eines Versicherungsproduktes für den Markt über Entscheidungsbefugnisse verfügen. In diesen Fällen müssen die betreffenden Vermittler die umfänglichen und aufwändigen Lenkungsanforderungen für Hersteller gemäß Kapitel II der Verordnung beachten.

Kapitel III Lenkungsanforderungen für Versicherungsvertreiber

Die in sprachlicher Hinsicht mehr als missglückte Bezeichnung „Versicherungsvertreiber“ verwendet die Versicherungsvertriebsrichtlinie als Oberbegriff für Versicherer und Versicherungsvermittler. Die neue Richtlinie adressiert ihre Vorschriften für den Versicherungsvertrieb ausdrücklich auch an Versicherungsunternehmen und geht damit im Anwendungsbereich deutlich über die Versicherungsvermittlerrichtlinie von 2003 hinaus.

Vorkehrungen betreffend den Produktvertrieb

In diesem Kapitel werden Versicherungsvertreiber, also Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittler, verpflichtet, sogenannte Produktvertriebsvorkehrungen zu treffen. Diese Produktvertriebsvorkehrungen müssen angemessene Maßnahmen und Verfahren umfassen, um sämtliche sachgerechten Informationen zu den Versicherungsprodukten, die sie ihren Kunden anzubieten beabsichtigen, bei den Herstellern einzuholen und diese Versicherungsprodukte unter Berücksichtigung ihrer Komplexität und des mit ihnen verbundenen Risikos sowie der Art, des Umfangs und der Komplexität des jeweiligen Geschäfts des Vertreibers in vollem Umfang zu verstehen. Die Versicherungsvertreiber müssen die Vorkehrungen für den Produktvertrieb in einem schriftlichen Dokument festhalten und den betreffenden Mitarbeitern zur Verfügung stellen.

Die Produktvertriebsvorkehrungen sollen eine Benachteiligung des Kunden verhindern beziehungsweise mindern, einen ordnungsgemäßen Umgang mit Interessenkonflikten unterstützen und sicherstellen, dass den Zielen, Interessen und Merkmalen der Kunden gebührend Rechnung getragen wird. Die Produktvertriebsvorkehrungen sollen weiter gewährleisten, dass die Versicherungsvertreiber beim jeweiligen Produkthersteller die Informationen anfordern, die die Hersteller nach den Lenkungsanforderungen für Hersteller gemäß Kapitel II der Delegierten Verordnung den Versicherungsvertreibern zur Verfügung stellen müssen.

Versicherungsvertreiber müssen sicherstellen, dass die von ihnen jeweils festgelegte beziehungsweise angewandte Vertriebsstrategie der vom Hersteller aufgestellten Vertriebsstrategie und dem von ihm ermittelten Zielmarkt entspricht. Die für die Konzeption von Versicherungsprodukten zuständigen Stellen des Versicherungsvertreibers sind für die Festsetzung, Umsetzung und Überprüfung der Produktvertriebsvorkehrungen verantwortlich und müssen kontinuierlich die interne Einhaltung dieser Vorkehrungen überprüfen.

Die Versicherungsvertreiber müssen ihre Produktvertriebsvorkehrungen regelmäßig einer Überprüfung unterziehen, um sicherzustellen, dass sie noch gültig und aktuell sind. Wenn dies nicht der Fall ist, müssen die Produktvertriebsvorkehrungen angepasst werden. Versicherungsvertreiber, die eine spezifische Vertriebsstrategie festgelegt haben oder anwenden, müssen diese je nach Ergebnis der Überprüfung der Produktvertriebsvorkehrungen gegebenenfalls ändern. Im Rahmen der Überprüfung der Produktvertriebsvorkehrungen müssen die Versicherungsvertreiber auch prüfen, ob die Versicherungsprodukte an den ermittelten Zielmarkt vertrieben werden. Für die regelmäßige Überprüfung Ihrer Produktvertriebsvorkehrungen müssen Versicherungsvertreiber geeignete Prüfungsintervalle festlegen und dabei die Größe, den Umfang und die Komplexität der jeweiligen Versicherungsprodukte berücksichtigen. 

Zur Unterstützung der von den Herstellern durchgeführten Produktprüfungen müssen die Versicherungsvertreiber den Herstellern auf Verlangen alle relevanten Verkaufsinformationen zur Verfügung stellen. Dazu zählen gegebenenfalls auch Informationen zu den regelmäßigen Überprüfungen der Produktvertriebsvorkehrungen.

Unterrichtung des Herstellers

Wenn ein Versicherungsvertreiber erkennt, dass ein Versicherungsprodukt nicht im Einklang mit den Interessen, Zielen und Merkmalen des jeweiligen ermittelten Zielmarkts steht, oder ihm sonstige produktbezogene Umstände bekannt werden, die nachteilige Auswirkungen auf den Kunden haben können, muss er unverzüglich den Hersteller unterrichten und gegebenenfalls seine Vertriebsstrategie für das betreffende Versicherungsprodukt ändern. 

Dokumentation

Die von den Versicherungsvertreibern in Bezug auf ihre Produktvertriebsvorkehrungen ergriffenen Maßnahmen müssen hinreichend dokumentiert, zu Prüfungszwecken aufbewahrt und den zuständigen Behörden auf Verlangen zur Verfügung gestellt werden.

Kapitel IV Schlussbestimmungen

Die Delegierte Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Sie gilt seit dem 23. Februar 2018.

Fazit

Die wenigsten Vermittler werden bei der Konzeption und Entwicklung eines Versicherungsproduktes für den Markt über Entscheidungsbefugnisse verfügen, die sie zu Herstellern qualifiziert. Die betreffenden Vermittler müssen sich allerdings auf die Lenkungsanforderungen der Delegierten Verordnung einstellen. Wer über die in der Verordnung beschriebenen Entscheidungsbefugnisse bei der Produktentwicklung verfügt, wird auch die Lenkungsanforderungen für Hersteller erfüllen können. Die meisten Vermittler wird es aber überraschen, dass sie ab Februar 2018 umfängliche Produktvertriebsvorkehrungen vorhalten und dokumentieren müssen. Die Vorschriften über die die Produktvertriebsvorkehrungen sind komplex, umfänglich und voller unbestimmter Rechtsbegriffe („stellen sicher, dass den Zielen, Interessen und Merkmalen der Kunden gebührend (!) Rechnung getragen wird“). Der Ehrgeiz der Bürokratie in Brüssel wird wieder einmal auf dem Rücken der Vermittler ausgetragen. Die Pflicht zur Dokumentation der Vermittlung gilt seit 2007. Bis heute weiß niemand, wie Dokumentation richtig geht. Gerichte sagen nur, was nicht geht. Und jetzt kommen Produktvertriebsvorkehrungen. Kein Wunder, dass Vermittler regulierungsmüde sind.

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